Wir haben noch zu berichten von jenen beiden Brücken, zwischen welchen sich – nach dem Befund des in Sarajevo und Graz lebenden Schriftsteller Dževad Karahasan (der 2012 als “Brückenbauer zwischen deutschsprachigen Ländern und Bosnien und Herzegowina sowie für sein Engagement für die europäische Verständigung“ mit der Goethe-Medaille ausgezeichnet wurde) – die Geschichte des 20. Jahrhunderts abgespielt hat. Zuvor aber noch kurz zu einer anderen Brücke über die Miljacka in Sarajevo. Die Careva ćuprija (Kaiserbrücke) ist benannt nach der an ihr liegenden Careva džamija (Kaisermoschee – benannt nach Mehmet II., in dessen Zeit der erste Bau der Moschee im 15.Jh. erfolgte). In der Folge wurde die Careva džamija mehrmals zerstört, unter anderem auch vom österreichischen Heerführer Prinz Eugen. Prinz Eugen führte nach der entscheidenden Schlacht gegen die Osmanen bei Zenta im Herbst 1697 als Draufgabe einen bloß der Abschreckung dienenden Feldzug, der ihn von Brod nach Sarajevo führte (also in etwa auf der Strecke unserer Anreise in Bosnien). Am Weg wurde von den Österreichern zerstört und geplündert und dann auch Sarajevo eingenommen und vom österreichischen Heer abgebrannt, inklusive der damals über 100 Moscheen (dazu gibt auch ein Tagebuch von Prinz Eugen Auskunft). Diesem Feldzug folgte 1699 der Friede von Karlowitz (Sremski Karlovci in der Vojvodina), der Österreichs Machtstellung auf Kosten der Osmanen weit in den Süden verlegte. Der klar gegen Muslime gerichtete Zerstörungszug nach Sarajevo hat auch eine steirische Note, denn beteiligt daran war auch Leopold von Herberstein als Adjutant des Prinzen Eugen. Rund zwei Hundert Jahre später wurde von den Österreichern dann mehr aufgebaut als zerstört, so bekam die Kaisermoschee 1910 einen Zubau von einem austro-tschechischen Architekten und an der Stelle einer bereits seit dem 15.Jh. existierenden Brücke wurde in der Zeit der österreichisch-ungarischen Herrschaft 1897 die heutige Kaiserbrücke errichtet.
In Zeit der NS-Herrschaft diente Prinz Eugen dann wiederum als bewusster Namensgeber für eine Waffen-SS-Division, die als besonders brutale Einheit für die Ermordung tausender ZivilistInnen verantwortlich zeichnete: „Ab März 1942 wurde die 7. SS-Freiwilligen-Gebirgs-Division „Prinz Eugen“ aufgestellt, die unter dem Kommando von Artur Phleps stand. Phleps war ein Volksdeutscher aus Rumänien, der bereits in der Habsburger, danach in der rumänischen Armee gedient hatte (…) Von ihm stammte auch die Idee, die neue Division nach Prinz Eugen zu benennen. Prinz Eugen von Savoyen-Carignan (1663-1736) hatte in den Diensten Habsburgs glänzende Erfolge im Kampf gegen die vorrückenden Osmanen erreicht und dadurch Habsburg erst zur Großmacht gemacht. Ihn zum Namenspatron der neuen SS-Division zu machen, knüpfte an die Habsburger Tradition der „Militärgrenze“ an, „des Reiches Hofzaun“, der ab dem mittleren 16. Jahrhundert, amtlich ab 1630, von der Adria bis zum Karpatenbogen verlief. Es war ein Cordon sanitair, in welchem lokale Milizen (sog. Uskoken, „Entsprungene“, d.h. vor den Osmanen geflüchtete Serben u.a.) das Reich vor den Osmanen (und vor aus dem Süden eingeschleppten Seuchen) schützten und das auch über 300 Jahre lang sehr erfolgreich tat.“ (Quelle)
Namensgebungen als Spiegel der Zeitgeschichte spielen, wie die aktuellen Grazer Bemühungen um die Umbenennung der Conrad-von-Hötzendorfstraße zeigen, in vielen Städten eine Rolle, so auch in einer immer wieder neu beherrschten Stadt wie Sarajevo. So wurde die zuletzt nach der Pariser Kommune benannte und heutige Ulica Obala Isa-Bega Isakovića im Laufe der letzten Hundert Jahre gleich mehrmals umbenannt. Die baulich existierende religiöse Vielfalt zeigt sich in Saeajevo an vielen Orten. So liegt an diesem Ufer der Miljacka nur wenige Hundert Meter entfernt von der Kaisermoschee eine katholische Kirche und auch eine Synagoge.